Andacht zur Mitgliederversammlung des
Vereins D.A.V.I.D.
gegen Mobbing in der evangelischen Kirche
Vom 7. bis zum 9. November trafen wir uns zur Herbsttagung unseres Vereins in Sondershausen. Diese Stadt liegt im Norden von Thüringen, ist die Kreisstadt des Kyffhäuserkreises und wird von der Wipper durchflossen. Die Stadt ist bekannt für ihre historische Rolle als Residenzstadt und ihre lange Bergbautradition. Das spielte dann zugegebenermaßen für unsere Tagung keine Rolle. Das Thema lautete: "Was bedeuten Mobbing-Erfahrungen für mein eigenes Glaubensleben?"
Mir war die Gestaltung der Andacht am Sonntagmorgen zugefallen. Es war der Drittletzte Sonntag im Kirchenjahr. Bei der Vorbereitung hatte ich weniger das Proprium des Sonntags vor Augen, vielmehr den "9. November", der in Deutschland manches Mal auch als "Schicksalstag" bezeichnet wird. Direkt vor Augen stehen sofort die Öffnung der Berliner Mauer im Jahr 1989, aber auch die Zerstörungen der Pogromnacht von 1938.
Bei der Durchsicht der für den Sonntag vorgesehenen Bibeltexte sprach mich sofort der Text aus dem Prophetenbuch Micha 4, 1-5 an, Lesereihe VI. Es war dann allerdings nicht das Bild "Schwerter zu Pflugscharen" (V 3), das mich packte, sondern die prophetische Zusage "... von Zion wird Weisung ausgehen und des HERRN Wort von Jerusalem."
Bei der Suche für eine passende Lesung musste ich zwischen Jeremia 18, 1-10 und Prediger 8, 6-9 wählen. Ich entschied mich dann für den weisheitlichen Text.
Die Lieder suchte ich aus den freiTönen. fT 141 "Es wird sein in den letzten Tagen" stand sofort fest. Es steht auch im Evangelischen Gesangbuch und nimmt den Text aus dem Michabuch direkt auf. Die übrigen Lieder waren dann auch schnell gefunden.
- fT 25 Da wohnt ein Sehnen tief in uns
- fT 27 Ich steh vor dir mit leeren Händen, Herr
- fT 45 Stimme, die Stein zerbricht
- fT 141 Es wird sein in den letzten Tagen
- fT 169 We shall overcome
Wer die Lieder nicht kennt, kann sie über YouTube oder andere Musikkanäle sicherlich aufrufen.
Nun ergab sich die Frage, ob Symbole eingesetzt werden könnten. Mir kam die Idee mit Steinen. Steine - die Mauer - waren 1989 zerbrochen, Steine waren aber auch 1938 geflogen. Man könnte von Steinen des Aufbruchs, aber auch von Steinen des Scheiterns sprechen. Und diese Steine, so war die nächste Idee, könnten zum Berg Zion aufgeschichtet werden, von dem Weisung ausgeht. Und Jesus? Ein Kreuz könnte am Ende aus dem Berg "Zion" ragen.
Eröffnung
Wir sind zusammen im Namen Gottes des Vaters …
fT 25 Da wohnt ein Sehnen tief in uns
Psalm 85
was Gott der HERR redet,
dass er Frieden zusagte seinem Volk und seinen Heiligen,damit sie nicht in Torheit geraten.
dass in unserm Lande Ehre wohne;
dass Güte und Treue einander begegnen,Gerechtigkeit und Friede sich küssen;
und Gerechtigkeit vom Himmel schaue;
dass uns auch der HERR Gutes tueund unser Land seine Frucht gebe;
und seinen Schritten folge. Amen.
Prediger 8,6-9
6 Jedes Vorhaben hat seine Zeit und sein Gericht, und des Menschen Bosheit liegt schwer auf ihm. 7 Denn er weiß nicht, was geschehen wird, ja wer will ihm sagen, wie es werden wird? 8 Der Mensch hat keine Macht, den Wind aufzuhalten, und hat keine Macht über den Tag des Todes, und keiner bleibt verschont im Krieg, und das gottlose Treiben rettet den Gottlosen nicht. 9 Das alles habe ich gesehen und richtete mein Herz auf alles Tun, das unter der Sonne geschieht. Ein Mensch herrscht zuzeiten über den andern zu seinem Unglück.
fT 27 Ich steh vor dir mit leeren Händen, Herr
Die leeren Hände bzw. die Steine des Aufbruchs und des Scheiterns ...
Da ich mit dem Motorrad und andere mit der Bahn angereist waren, mussten wir die Steine vor Ort suchen. Etwas mühsam, aber wir haben es geschafft. Gunter hatte noch aus der Gohrischheide, wo im Sommer ein Waldbrand gewütet hatte, zwei verkohlte Äste mitgebracht. Zur Orientierung: die Gohrischheide bildet zusammen mit den Elbniederterrasse Zeithain ein Naturschutzgebiet im Landkreis Meißen in Sachsen.
Die Steine und die beiden verkohlten Äste lagen ungeordnet in der Mitte des Raums. Da wir davon kein Foto gemacht hatten, musste ich bei nächsten Bild mit Foto-Ki und Gimp nachhelfen.
9. November …
9. November 1848 – Hinrichtung Robert Blums bei Wien, einem der führenden Köpfe der Demokraten im Rahmen der Deutschen Revolution und in der Frankfurter Nationalversammlung.
9. November 1918 – Novemberrevolution in Berlin: Ausrufung der Republik in Deutschland. Der wenige Wochen zuvor berufene Reichskanzler Max von Baden verkündet angesichts der bevorstehenden Niederlage des Deutschen Reiches im Ersten Weltkrieg eigenmächtig die Abdankung von Kaiser Wilhelm II. und betraut Friedrich Ebert (SPD) mit den Amtsgeschäften.
9. November 1923 – Hitler-Ludendorff-Putsch in München: Der Nationalsozialismus wird erstmals international wahrgenommen. Adolf Hitler, der bis dahin in der breiten Öffentlichkeit kaum bekannte Parteichef der NSDAP, unternimmt einen Putschversuch gegen die demokratische Reichsregierung bewusst am 5. Jahrestag der Ausrufung der Republik. Das Unternehmen, das 20 Todesopfer fordert, scheitert bereits nach wenigen Stunden vor der Münchner Feldherrnhalle.
9. November 1938 – Scheitelpunkt der Novemberpogrome: Nach dem Mordanschlag auf einen deutschen Diplomaten in Paris inszenieren die Nationalsozialisten die Novemberpogrome. In der NS-Propaganda werden die vor allem von SA- und SS-Mitgliedern in Zivilkleidung begangenen Ausschreitungen als Ausdruck des „Volkszorns“ gegen die Juden dargestellt. In ganz Deutschland und Österreich werden jüdische Geschäfte und Einrichtungen demoliert, Synagogen in Brand gesteckt. Hunderte von Juden werden innerhalb weniger Tage ermordet.
9. November 1989 – Mauerfall: Die Öffnung der innerdeutschen Grenze verdeutlicht und verstetigt den Erfolg der friedlichen Revolution in der DDR, dem am 3. Oktober 1990 die deutsche Wiedervereinigung folgt. Der 9. November ist zeitweilig als Nationalfeiertag des vereinigten Deutschland im Gespräch.
Im März 2014 besetzten russische Truppen völkerrechtswidrig die ukrainische Halbinsel. Am 16. März wurde ein „Referendum“ über den Status der Krim abgehalten und durch Russland am 18. März 2014 eine Annexion erzwungen.
Am 24. Februar 2022 griff Russland die Ukraine unter Verletzung des Gewaltverbotes nach Art. 2, Nr. 4 der UN-Charta sowohl von russischem Staatsgebiet, als auch von der annektierten Halbinsel Krim und aus dem Nachbarstaat Belarus an und begann mit der Bombardierung von ukrainischen Städten.
Am 7. Oktober 2023 überfielen Terroristen der Hamas Israel und töteten mehr als 1.200 Israelis und verschleppte mehr als 200 Geiseln in den Gaza-Streifen. Die israelische Reaktion folgte prompt: Seit dem 8. Oktober führt Israel Krieg im Gazastreifen.
fT 45 Stimme, die Stein zerbricht
Micha 4, 1-5
1 In den letzten Tagen aber wird der Berg, darauf des HERRN Haus ist, fest stehen, höher als alle Berge und über die Hügel erhaben. Und die Völker werden herzulaufen, 2 und viele Heiden werden hingehen und sagen: Kommt, lasst uns hinauf zum Berge des HERRN gehen und zum Hause des Gottes Jakobs, dass er uns lehre seine Wege und wir in seinen Pfaden wandeln! Denn von Zion wird Weisung ausgehen und des HERRN Wort von Jerusalem. 31 Er wird unter großen Völkern richten und viele Heiden zurechtweisen in fernen Landen. Sie werden ihre Schwerter zu Pflugscharen und ihre Spieße zu Sicheln machen. Es wird kein Volk wider das andere das Schwert erheben, und sie werden hinfort nicht mehr lernen, Krieg zu führen. 4 Ein jeder wird unter seinem Weinstock und Feigenbaum wohnen, und niemand wird sie schrecken. Denn der Mund des HERRN Zebaoth hat's geredet. 5 Ein jedes Volk wandelt im Namen seines Gottes, aber wir wandeln im Namen des HERRN, unseres Gottes, immer und ewiglich!
Regie: “Steine des Scheiterns” und des “Aufbruchs” werden zum “Berg Zion” aufgeschichtet. Das Kreuz ist das Zentrum dieses “Berges”. Von Zion geht Weisung aus - ein Körbchen mit Bibelversen geht durch die Reihen, jeder Teilnehmer nimmt ein Kärtchen, liest ein Bibelwort vor und legt das Kärtchen auf den “Berg”. Am Ende können alle ein Bibelwort mit nach Hause nehmen.
Eine Predigt halten musste ich nicht. Texte, Lieder und das Bild vom Kreuz auf dem "Zionsberg" waren eindeutig genug.
fT 141 Es wird sein in den letzten Tagen
Gebet
Barmherziger Gott, Herr der Zeiten, wir kommen zu dir und stellen vor dich, was wir in der Mitte versammelt haben: Die Steine des Scheiterns und des Aufbruchs, die Geschichte von Dunkelheit und Licht. Wir gedenken des menschlichen Versagens, wir danken dir für die Gnade des Aufbruchs und des Friedens.
Wir haben unsere Steine aufgeschichtet zum Berg Zion – nicht aus eigenem Antrieb, sondern im Vertrauen auf deine Verheißung, dass dieser Berg feststehen wird, höher als alle Mächte. Wir wissen, dass von dort Weisung kommt, die allein unsere Welt verwandeln kann.
Wir bitten dich: Für alle, die heute noch in Finsternis leben und unter dem Schatten der Angst stehen: Schenke ihnen den Mut der Verheißung, dass niemand sie schrecken wird.
Wir bitten dich: Für die Völker, die das Schwert wider das andere erheben – besonders gedenken wir der Menschen in der Ukraine und in Palästina. Zerbrich die Waffen der Zerstörung und schmiede die Schwerter der Aggression zu Pflugscharen des Aufbaus um.
Wir bitten dich: Für uns selbst und unsere Gesellschaft, dass wir im Angesicht der Geschichte wachsam bleiben: Hilf uns, die Weisung deines Friedens nicht nur auf den Zionsberg zu legen, sondern sie in unseren Alltag zu tragen. Nimm die Dunkelheit aus unseren Herzen, die Hass und Vorurteile nährt. Stärke uns, die Angstfreiheit des Weinstocks und des Feigenbaums jedem Menschen zuzugestehen.
Wir haben heute gehört: Ein jedes Volk wandelt im Namen seines Gottes, aber wir wandeln im Namen des HERRN, unseres Gottes, immer und ewiglich. Stärke unseren Weg. Gib uns die Kraft, heute schon so zu handeln, als sei dein ewiger Friede bereits angebrochen.
Lass dein Wort ausgehen von Jerusalem, leuchte du in unsere Herzen, damit wir Licht und Frieden für die Welt sind.
Amen.
Vaterunser
fT 169 We shall overcome
Segen
Lasst uns leben mit der Gewissheit,
dass Gott uns bei unserem Namen gerufen hat
und wir zu ihm gehören.
Lasst uns leben mit der Absicht,
Gott unseren Dank zu sagen,
in Worten und Taten.
Und lasst uns leben mit der Gewissheit,
dass Jesus Christus bei uns sein wird alle Tage
bis ans Ende der Welt.
Gott der Herr segne und behüte uns.
Gott der Herr lasse leuchten sein Angesicht über und
und sei uns gnädig.
Gott der Herr erhebe sein Angesicht auf uns
und schenke uns seinen Frieden.
Amen.


